Reichswehr-Heirat

Zeit in der Reichswehr - Heirat

 

Da reifte so ganz langsam in ihm der Entschluß, sich 'aus dem Staube zu machen' (18). Angeblich besprach er nicht einmal mit seinen Schwestern seine Pläne. Nur von seiner Lieblingsschwester Luzie hat er sich dann am Mittwoch, 01. September 1926, um 4.30 Uhr verabschiedet. Bei den ungefähr 5000 Schritten vom 'Gut' zum Bahnhof in Stolzmütz kamen ihm dann aber doch Zweifel, ob sein einsamer Entschluß wohl richtig sei. In einem 'Persil'-Karton hatte er alle seine Utensilien untergebracht, als er etwa um 5.30 Uhr trotz aller Bedenken in den Zug nach Ratibor stieg. Dort nahm er den Zug Richtung Berlin und landete gegen  22 Uhr in Fürstenwalde/Spree (19). Ohne Umschweife ging er gleich zu den dortigen Kasernen und beantragte Aufnahme in das berühmte "Hundert-Tausend-Mann-Heer", nach Bezahlung der Fahrkarten praktisch ohne einen Pfennig Geld in der Tasche. Am nächsten Tag war "Sedan-Tag", zur Erinnerung  an die Kapitulation der Franzosen am 02.09.1870 (an diesem Tag geriet der französische Kaiser Napoleon III in deutsche Gefangenschaft), und so fand keine 'Musterung' statt. Diese wurde dann am folgenden Freitag nachgeholt. Es waren zu diesem Termin insgesamt fünf Bewerber erschienen. Der Vorsitzende der Prüfungskommission, ein Rittmeister, kannte einen der Söhne des Grafen Henkel von Donnersmark - Zufall? Das Ergebnis der Musterung und Gesinnungsprüfung war eindeutig 'tauglich': Otto Sobina wurde in das '100.000-Mann-Heer' aufgenommen, was damals als hohe Auszeichnung empfunden wurde. Er war nun Rekrut im 9. Reiterregiment, in der 5. Schwadron. Gleich ließ er ein Foto machen und schickte es seiner Schwester Luzie (20). Otto fühlte sich in seiner Entscheidung bestätigt, wenn beim 'Heimaturlaub' sein Vater stolz mit seinem adrett uniformierten Sohn durch das kleine Krawarn spazieren ging und bei 'Schramowskis' oder 'Wyrtkis' einkehrte.

 

Da Otto Sobina aufgrund seines Berufes von Anfang an in der Schmiede eingesetzt war, wurde er nach der Grundausbildung Anfang Oktober 1929 zur Heeresfachschule nach München abkommandiert, wo er am 16.03.1930 vor der Handswerkskammer seine Meisterprüfung als Schmied ablegte (21,22).  Irgendein besonders lebhaftes, widerborstiges Pferd hat ihm auch ein bleibendes Geschenk gemacht. Beim Beschlagen der linken Hinterhand schlug es unerwartet aus und traf den Schmied mit dem noch warmen Hufeisen genau am Kopf. Drei Tage lang lag Otto Sobina ohnmächtig im Lazarett. Wannimmer Otto Sobina später besonders wütend war und einen roten Kopf bekam, erschienen auf seiner Stirn die weißen Marken eines Hufeisens. Nach eigenen Aussagen hat Otto Sobina damals auch ein Gerät entwickelt, das die Operation bei Pferden erleichterte. Mußte man ein Pferd für eine Operation (z.B. schon bei Zahnproblemen) narkotisieren, brachen die Tiere meist unkontrolliert zusammen und verletzten sich dabei. Otto Sobina baute ein Gestell, auf das die Pferde gestellt und mit mehreren Gurten angeschnallt wurden. Gleich nach der Betäubungsspritze wurde dann das Gestell langsam von der vertikalen in die horizontale Stellung gedreht, und der Doktor konnte seine Arbeit ungestört beginnen. Noch bevor das Pferd aus der Narkose erwachte, wurde es wieder in die vertikale Lage gebracht. Leider versäumte Otto Sobina, sich dieses Gestell offiziell patentieren zu lassen. Nachdem Otto Sobina die Beschlagprüfung am 31.03.1930 mit 'sehr gut' bestanden hatte, war er nun Beschlagschmied und als solcher auch bei seiner Schwadron beschäftigt (23). Er legte die 'Unteroffiziersanwärterprüfung' ab und ging am 01.04.1933 nach Berlin zum Beschlagmeisterlehrgang. Dort hat der Obergefreite dann am 30.09.1933 die Prüfung wieder mit 'sehr gut' bestanden (24). Mit Wirkung vom 01.01.1934 wurde er zum 'Beschlagschmiedunteroffizier' befördert und gleichzeitig zur 2. Schwadron versetzt  Am 01.Januar 1936 erfolgte als weitere Sprosse auf der Leiter nach oben die Beförderung zum 'Beschlagmeister' (25). Von Oktober 1936 bis April 1938 besuchte Otto Sobina die Heeresfachschule in Fürstenwalde und bestand die Abschlußprüfung mit 'gut' (26,27). Sein beruflicher Aufstieg im 9. Reiterregiment führte ihn schließlich bis zum 'Oberbeschlagschmied' (01.12.1937).

 

In Fürstenwalde lernte Otto Sobina im Jahre 1930 auch die 17-jährige Friseurin Hildegard Behning (28,29) kennen, die er dann, als sie die Volljährigkeit erreicht hatte, im Dom von Fürstenwalde am 17.09.1934 heiratete (30/31). Diese Heiratsentscheidung wurde nicht von allen Verwandten einstimmig begrüßt: Für die Eltern der Braut war Otto Sobina nur ein 'Schmied' und 'Soldat' und damit für das in Fürstenwalde angesehene Frisörgeschäft Behning nicht ganz standesgemäß. Für die Krawarner Verwandtschaft war es unverständlich, daß ihr Otto eine protestantische Frau heiratete. So erschien von dieser Seite auch niemand zur Hochzeit; dem Vater Robert war zudem im Juni 1934 ein weiterer Sohn geboren worden. Das alles störte die verliebten Brautleute nicht. Der 'Führer und Reichskanzler' Adolf Hitler hatte damals ja auch versprochen, für alle Deutschen eine einheitliche Konfession zu schaffen. Vor diesem Hintergrund und aus Liebe ließ Otto sich sogar 'evangelisch' trauen und wurde als Folge von der katholischen Kirche 'exkommuniziert'. Damals störte es ihn nicht sonderlich, erst viele, viele Jahre später konnte man einen wehmütigen Glanz in seinen Augen feststellen, wenn er mit seiner Schwester Luzie einen katholischen Gottesdienst in Abtsgmünd besuchte. Er war offensichtlich kein Kirchengänger, aber seinem Glauben stets verbunden. Nach der Hochzeit zog das junge Ehepaar in eine Soldatenwohnung in der Nähe der Kasernen, in der Frankfurter Straße. Zur Wohnung gehörte ein kleiner Garten, in dem Otto Sobina nun Gemüse, Kartoffeln und ein paar Blumen anpflanzte. Damit alles gut wüchse, brachte er aus der Kaserne jede Menge Pferdemist mit. In der Freizeit schmiedete er auch einen kleinen Brunnen für seinen Garten. Das junge Paar war glücklich und in Aufbruchstimmung (32,33).

 

In einem abschließenden Dienstleistungszeugnis vom 26.04.1938  wurde Otto Sobina als ruhiger, ehrlicher, aufrichtiger, anständiger, offener Charakter dargestellt, dessen praktische und theoretische Kenntnisse im Hufbeschlag, sowie sein militärisches Auftreten und Verhalten als Vorgesetzter mit 'sehr gut' bewertet wurden, und alles bei vorzüglicher Führung (34).

 

Schon mit Blick auf das bevorstehende Ende der Berufssoldatenzeit wurde Otto Sobina vom 01.05.1938 bis zum 31.08.1938 zum Zollgrenzschutz abgeordnet (35). Damit war der weitere berufliche Werdegang des Otto Sobina vorgezeichnet! Nach der zwölfjährigen Verpflichtungszeit bei der Reichswehr wurde er am 01.09.1938 offiziell entlassen und 'im Namen des Führers und Reichskanzlers' mit der Dienstauszeichnung 3. Klasse versehen, gleichzeitig offiziell als 'Zollanwärter' in den 'Reichsbeamtendienst' übernommen.

 

Seine erste Dienststelle war Bobrek-Karf, Hauptamt Beuthen (Oberschlesien). Seine Hauptaufgabe bestand in Grenzpatrouillengängen von 3 bis 4 Kilometern. Zunächst hatte er möbliert gewohnt und viel gespart; jeden Tag mittags von Räucherfleisch und abends von Knoblauchwurst gelebt. Und er schaute sich nach einer ihm zustehenden Dienstwohnung um und fand sie schließlich in der Weißstraße 28 (wo die ganzen Blocks der Zöllnerwohnungen waren). Stolz schrieb er seiner Frau, daß er 'etwas in Aussicht habe', ganz sicher war es nämlich noch nicht, hatte doch der ältere Zollamtsvorsteher Jarosch auch ein Auge auf diese Wohnung geworfen. Ende Juni fing Otto Sobina in seiner dienstfreien Zeit an, die leere Wohnung aufzuräumen und mehrfach den Boden zu 'schrubben', zuletzt mit Essigwasser, um auch den restlichen Schmutz  zu entfernen. Genauso ungeduldig war seine Frau. Am 01. Juli 1938 kam sie schon um 5 Uhr morgens mit allem 'Hab und Gut' auf dem Bahnhof an, und Otto durfte alles per Handwagen in die Weißstraße transportieren. Die Wohnung lag im vierten Stock und bestand aus drei Zimmern, einer großen Küche, einem Bad und dem Flur. Zur Wohnung gehörten auch zwei Abstellräume im Keller und einer im Dachboden. Die Monatsmiete betrug 35,85 RM. Natürlich konnte die Wohnung nicht gleich vollständig eingeräumt werden, kamen die feinen Möbel doch etwas später. Diese Möbel waren die Meisterarbeit eines Tischlers. Dessen Bruder war Polsterer, und Otto Sobina hatte schon vorher über einen längeren Zeitraum hinweg alle verfügbaren Pferdehaare gesammelt. Bezahlen wollte er diesen Luxus mit der ihm zugesagten Übergangsbeihilfe in Höhe von 1500 Reichsmark (36). Um Geld zu sparen, fuhr er auch gerne mit dem Fahrrad zu seiner Dienststelle, einer kleinen Grenzstation südlich von Bobrek-Karf (37).

 

Am 01.02.1939 wurde Otto Sobina zum 'Zollassistenten auf Widerruf' ernannt.

 

Den Ausbruch des zweiten Weltkriegs erlebte Otto Sobina hautnah. Er hatte gerade allein Wachdienst, als an diesem Morgen des 1. September 1939, etwa um 4 Uhr die Zollstelle von polnischer Artillerie beschossen wurde. Die Granaten trafen aber nicht, sondern landeten im Sumpf bzw. im Bach. Dennoch versteckte sich der Zollassistent zunächst unter der Brücke und nahm dann telefonischen Kontakt mit dem Haupt-Kommissariat auf. Der Befehl lautete 'Stellung halten - Nur im Ernstfall die Akten vernichten'. Für das Durchhalten erhielt er wenig später das 'Kriegsverdienstkreuz' 2. Klasse.

 

In den folgenden Wochen wurde Otto Sobina mehrfach entsprechend der sich dauernd ändernden Grenzlinie nach Osten versetzt, am 08.09.1939 zum Beispiel an die Weichsel (Neuburun) und zuletzt am 15.10.1939 nach Holubie am Bug. Der Bug entspringt in der Ukraine in der Nähe von Lemberg, fließt an Brest vorbei und mündet nördlich von Warschau in die Weichsel. Dieser kleine Fluß war damals die Demarkationslinie zwischen Deutschland und der Sowjetunion. Das Kommissariat, dem die Außenstelle Holubie unterstellt war, befand sich in Krylow. Etwas mehr als vierhundert Kilometer (Luftlinie) von Beuthen entfernt, hatte Otto Sobina verhältnismäßig freie Hand bei der Gestaltung seiner Patrouillengänge (38), bei denen ihn sein Hund, der 'schwarze Deibel', begleitete. Erwischte er zum Beispiel jemanden, der gegen das Gebot der Sperrstunde verstoßen hatte, wurde derjenige nicht zum Kommissariat geschleppt oder mit einer Geldstrafe belegt, sondern zum Holzsägen oder -hacken verdonnert. Natürlich mußte manchmal auch hart durchgegriffen werden, dann wurde nach Anruf auch scharf geschossen und der 'schwarze Deibel' (Teufel) losgelassen. Tagsüber war es einfach, 'Menschen' und 'Wildschweine' voneinander zu unterscheiden, aber bei aufkommender Dämmerung oder gar nachts war es oft schwierig, das ständige Geraschel im Gebüsch, das Grunzen auf der Lichtung, das langsame Schleichen über den Schnee eindeutig zu bestimmen, und da es in der Dienstanweisung keine klare Vorschrift zum Umgang mit 'tierischen' Grenzgängern gab, hielt sich Otto Sobina preußisch korrekt an die Formel 'Anrufen - warnen - gezielter Schuß'. So gab es bei Bedarf immer wieder mal frischen Wildschweinbraten. Auch ein schöner Fuchs schnürte unter Mißachtung der Demarkationslinie durch die Gegend. Einen ganzen Sommer lang ermahnte ihn Otto Sobina bei seinen Kontrollgängen, aber das sture Tier wollte nicht gehorchen. Im Winter, als das Fell dann so richtig schön dicht war und silbern glänzte, konnte Otto keine Rücksicht mehr nehmen. Aus dem Fuchsfell wurde ein Pelzkragen für seine Frau Hildegard. Auch sonst war es für Otto Sobina eine verhältnismäßig ruhige Zeit, in der er sein Geschick zeigte, mit der einheimischen Bevölkerung ein gutes Einvernehmen zu erzielen. So münzte er die Gebühren für Passierscheine in Eier-Währung um: Er legte von seinem Geld die paar Pfennige, Kupeken oder Zloty in die Kasse und ließ sich mit 5 oder 10 Eiern bezahlen. Das war für beide Parteien die angenehmste Regelung; die einen hatten kein Geld, der andere brauchte Eier mehr als Geld, für das er sich in dieser Gegend sowieso nichts hätte kaufen können. Auch als Schmied und Laien-Veterinär half er 'außerdienstlich' wo er nur konnte und wurde dafür mit Naturalien entlohnt, so daß es seiner Familie in Beuthen den Umständen entsprechend glänzend ging (39). Eines Tages kam er wieder einmal nach Bobrek-Karf, vollbepackt mit zentnerschweren Koffern, die nur zusätzliche Riemen zusammenhalten konnten, zwei davon mittels eines Gürtels über die Schultern gehängt. Auf dem Fußmarsch vom Bahnhof in die Weißstraße ertönte auf einmal die Luftschutzsirene. Otto Sobina konnte oder wollte die Bedeutung dieses Alarms nicht erkennen. Andere Passanten stürmten in die ausgewiesenen Luftschutzkeller, er marschierte schnurstracks weiter. Da hielt ihn ein erboster Luftschutzwart an und ermahnte Otto Sobina -ohne ordentlichen militärischen Gruß-, sofort in den nächsten Luftschutzkeller zu gehen. Otto stellte die Koffer ab, holte mit seiner eisenharten Schmiedehand aus und streckte mit einem Schlag den armen Mann zu Boden, ging dann seelenruhig weiter. Erst Ermahnungen seiner Frau brachten ihn dazu, sich am nächsten Tag mit einer 'Speckseite' bei dem getroffenen Luftschutzwart zu entschuldigen, bevor dieser 'Meldung' über das unbotmäßige Verhalten des Otto Sobina machen konnte.

 

Am 04. September 1942 wurde ihm sein Stammhalter Lothar geboren. Dies war für die junge Familie ein besonders 'freudiges Ereignis', war doch zwei Jahre vorher eine 'Todgeburt' zu beklagen gewesen (40).

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